Es ist nicht
die erste Vernissage und ist doch eine Premiere, zeigt der
in der Altmark zwischen Wiesen, Feldern und einem kleinen Fluss
geborene Künstler diesmal ausschließlich ausgewählte Grafiken
seines zeichnerischen Werks der letzten fünf Jahrzehnte. Gewiss,
sein künstlerisches Œuvre ist vielfältiger - Lithografien,
Malerei, druckgrafische Experimente, Mail-Artdrucke mit
historischen Lettern und alten Klischees, der Buchdruck – um nur
einiges zu nennen. Die Liebe zur Zeichnung aber ist Bernd
Friedrich all die Jahre hindurch geblieben, hat sein
künstlerisches Schaffen befruchtet. Eine stille, vielleicht eine
verschwiegene Liebe. „Mein Zeichnen hat nichts weiter zu
bedeuten“, sagt er, „es bewirkt nichts, es ändert nichts an dem
was ist und was passiert, einzig ich ändere mich.“ Man mag
diesen Satz hin und her deuten; seine Kernaussage kennzeichnet
dem, der sehen kann, die vorliegenden Zeichnungen gleichsam als
Künstlerbiographie.
Die
Ausstellung eröffnet ein mit Buchdruckfarbe gezeichnetes Bild -
„In der Rigaer Straße“. Vor fünfzig Jahren stand in dieser
Berliner Straße ein
Zeichentisch, von hier brach er mit Bleistift, Feder und Tusche
auf, in die havelländische Landschaft, den Brieselang, oder
durch den einst stacheldrahtgeschnürten halben Harz, über die
Kammhöhen des Rila Gebirges, durch die Dracula-Schlucht des
Fagaras oder von Ring zu Ring sich mühend durch die Schroffen
des Sächsischen Schweiz. Landschaften, Wald, Fels und freies
Feld wurden ihm vertraut, wenn er sie durchschritt, ehe Pinsel
oder Stift sie erkannte. Anders gesagt: wurden als frühkindliche
Prägung wiederentdeckt. Manches blieb am Wegrand liegen oder als
Skizze vermerkt. Diese Skizzenbücher sind Tagebücher, Jahr um
Jahr als Momentaufnahmen gezeichnet, liefern eine geronnene
Biographie, darüber hinaus die Sicht des Künstlers auf das,
was ist und das, was passiert. Da ist die Gewalt der Felsen spürbar,
ihre Erhabenheit und stete Verwitterung, aus der über
geologische Zeiträume hinweg sich immer andere staunenswerte
Strukturen formen. Solche „Wunder des Verfalls“ zeigen
ebenso die friedlichen Landschaftszeichnungen. Baum bricht zu
Geäst. Geäst verdorrt. Aus der Verwesung entsteht neues Leben.
Werden und Vergehen, Vergehen und Werden – ein ewiges Spiel der
Natur- inzwischen vom Menschen bedroht. Das auch machen manche dieser Blätter deutlich.
Den Abschluss der Ausstellung sind, wiederum in unterschiedlicher
Zeichenweise, einem dritten großen Thema gewidmet: Menschen.
Porträts sehen uns an, Menschen die musizieren oder als Gruppe
agieren, die Lesende oder die Schlafende, Akte. Ausdrucksstarke
Momentaufnahmen, mit
Kohle, Kreide oder dem Pinsel scheinbar flüchtig hingeworfen und
doch Körperhaltungen und Spannungsgeflechte genau treffend. Wie diese Arbeiten entstanden,
ist in den vorliegenden Skizzenbüchern zu
erfahren, so man in ihnen blättert.
Der Mensch,
die weite Landschaft, schrundige Felsformation – Themen,
die Bernd Friedrich fünf Jahrzehnte hindurch in all seinen
Arbeiten immer wieder angeregt haben und ihn als einen ebenso
einfühlsamen wie genau beobachtenden Künstler ausweisen.
(Rainer-K. Langner)
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