Ein Mäzen, Inhaber der Bauerschen Gießerei in
Frankfurt, finanziert 1923 einem Künstler, der in
den Nachkriegsjahren tiefe Depression erfahren
hat, eine dreimonatige Bildungsreise durch
Spanien. Georg Hartmann hegte
wohl auch die Erwartung, dass Emil Rudolf
Weiß auf diese Weise Lebensmut und
künstlerische Schaffenskraft wiedergewinnen und
dies möglicherweise zum Anlass für einen
bibliophilen Reisebericht nehmen könne. Schon zu
Beginn berichtet der Künstler während der
Bahnfahrt südwärts entlang der Bergstraße und des
Rheinlaufs, angesichts frühlingshaft blühender
Obstbäume, wie sich Herz und Gemüt wieder für die
Welt zu öffnen beginnen. Über Genua geht es mit
dem Schiff nach Barcelona und von dort aus über
viele Stationen durch den Süden Spaniens zu den
klassischen Sehnsuchtsorten mit den maurischen
Prachtbauten, den landschaftlichen Schönheiten und
den kulturellen Besonderheiten. Besuche in
Klöstern und Museen mit ausführlichen Würdigungen
von Kunstwerken der Malerei und Architektur
vermitteln lebhafte Eindrücke, wie auch die
Schilderung kleiner Erlebnisse in den Städten und
Dörfern. Weiß erneuert so seinen optimistischen
Blick auf die Welt und kehrt nach der Heimreise
über Marseille, Verona und Südtirol erfrischt an
seine Arbeit zurück.
Der besondere Reiz dieses Buches im großen Format 38,2 x 28,0 cm, im Jahre 1931 nummeriert
und signiert für die 300 Mitglieder der
Maximilian-Gesellschaft herausgegeben, liegt in
der einheitlichen Gestaltung des Textblockes durch
den Autor, der als bedeutender Schriftgestalter,
Graphiker und Maler bekannt ist. Weiß schildert
hier nicht nur seine Reiseeindrücke in sehr
persönlicher und informativer Weise, schmückt sie
mit farblich getönten Landschaftsskizzen und
Detailzeichnungen, eingefügt als kleine
Lithographien in seinen Text, sondern er übernimmt
auch die Gestaltung und die Überwachung des
Druckes in den von ihm selbst entworfenen
Schriften Weiß Antiqua und Weiß Kursiv. So
entstand ein harmonischer künstlerischer
Gesamteindruck.
Man hätte nun erwarten können, dass die
Herausgeber auch einen schmuckvollen Bucheinband
aus Weißscher Hand gewählt hätten, zumal er ja
vielfach als Einbandkünstler, zum Beispiel für den
Tempel-Verlag, in Erscheinung getreten war.
Allerdings bestand in der exklusiven
Mitgliedschaft der Gesellschaft damals wohl das
Bedürfnis, sich die Buchpublikationen exklusiv in
individuellen Einbandformen binden zu lassen. So
lieferte man sie auch in einfachen
Interimseinbänden aus, die dann entsprechend
ersetzt werden konnten. Daher findet man heute
ganz verschiedene Einbandvarianten des Buches.
Neben einem solchen Interimseinband in dünnen
beigen Kartondeckeln und lithographiertem Rücken-
und Deckeltitel in der Handschrift von Weiß liegen
uns zwei Einbandvarianten vor: Ein
Halbpergamentband in vornehm blasser Farbgebung
und büttenpapierbezogenen Pappdeckeln ohne
Titelaufdruck, aber mit kleinen farblichen
Einsprengseln und Pergamentecken sowie
handschriftlich treu kopiertem Rückentitel, gibt
den Anschein des originalen Interimsbandes auf
eine gehobene Weise wieder. Bei einem
Halbledereinband in Bordeaux-Rot, bezogen mit
einem kräftigen grünen Büttenpapier, wird nur der
Weißsche Titel auf dem Vorderdeckel wiedergegeben,
um das schöne Rückenleder voll zur Geltung kommen
zu lassen. Man wäre gespannt darauf, weitere
individuelle Einbandgestaltungen des Buches
kennenzulernen.
(Christiane und Norbert Grewe)
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