Redaktionsschluss 4. Oktober 2007

Wir gratulieren unseren Mitgliedern
Wir gratulieren dem Pirckheimer-Freund Gunther Ball
Neue Mitglieder
Der Nachlaß von Gerhart Hauptmann
Habent sua fata libelli
Der 200. Geburtstag von Anton Philipp Reclam
Zum 7. Künstlerbuch-Markt im Wasserschloß Klaffenbach
Das Gilgamesch-Epos
Die Katzenbibliothek
Holzschneider und Idealist. Ein Frans-Masereel-Abend der
     Regionalgruppe Rhein-Main-Neckar


 

 


 

Wir gratulieren unseren Mitgliedern. Zum 50. Geburtstag: Stefan Pucks (Bergfelde) am 16. 1. Zum 60. Geburtstag: Günter Binkel (Berlin) am 22. 1., Dr. Michael Hähnel (Berlin) am 31. 1., Hans-Jörg Märtens (Halle) am 11. 2. Zum 65. Geburtstag: Klaus-Dieter Paul (Berlin) am 4. 1., Dr. Hans-Joachim Bergmann (Berlin) am 22. 2., Rolf-Rüdiger Noack (Köln) am 23. 2., Dr. Eva Bliembach (Berlin) am 26. 2., Hiltraud Schröder (Berlin) am 2. 3., Horst Näh-ring (Rüdersdorf) am 6. 3., Heinz-Günter Klopp (Ribnitz-Damgarten) am 14. 3., Dr. Peter Labuhn (Stendal) am 23. 3., Hiltrud Lübbert (Ratzeburg) am 28. 3. Zum 70. Geburtstag: Jo-chen Lengemann (Kassel) am 10. 1., Dr. Hans Stula (Hannover) am 18. 1., Dr. Hermann Wöckel (Dresden) am 22. 1., Wolfgang Ritter (Berlin) am 9. 3., Rosemarie Beyer (Bernburg) am 11. 3., Erika Vagt (Wismar) am 15. 3. Zum 80. Geburtstag: Curt Visel (Memmingen) am 5. 1., Prof. Dr. Lothar Lang (Spreewerder) am 20. 3., Annemarie Verweyen (Mönchenglad-bach) am 21. 3. Zum 86. Geburtstag: Karl-Heinz Köhler (Bad Windsheim) am 4. 1. Zum 88. Geburtstag: Dr. Rolf Jakob (Langenbogen) am 4. 3., Prof. Walter Schiller (Altenburg) am 18. 3. Zum 96. Geburtstag: Dr. Lotte Roth-Wölfle (Vierkirchen) am 18. 3. Zum 100. Geburts-tag: Fritz Treu (Radebeul) am 20. 2.

Wir gratulieren dem Pirckheimer-Freund Gunther Ball zur Verleihung des Ludwig-Wegener-Sonderpreises 2007. Der Preis, der nach dem Umweltschützer „Heckenpastor“ Ludwig Wegener benannt ist, wird ihm „für seine jahrelangen Bemühungen zum Schutz der Stadtmauerflora in Neubrandenburg und Friedland“ zuerkannt.

Neue Mitglieder: Kurt Hauser, Typographiker, Straßwalchen (Österreich). Wiedereintritt: Hans Heidler, Lektor, Bobingen. Marina Stappen, Neuss.

Der Nachlaß von Gerhart Hauptmann. Einen Einblick in einen der umfangreichsten und bedeutendsten Nachlässe der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz (im folgenden: SBB) erhielten die zahlreich erschienenen Berliner Pirckheimer-Freunde, als ihnen am 6. September der Direktor der Handschriftenabteilung, Prof. Dr. Eev Overgaauw, Gerhart Hauptmann in seinem Nachlaß vorstellte. Die SBB hatte das Glück, diesen ungewöhnlichen Bestand 1968 für die Summe von zwei Millionen DM erwerben zu können. Sie ergänzt ihn seitdem zielstrebig, wenn einschlägige Angebote auf dem Antiquariatsmarkt oder auf Auktionen auftauchen. Zum besseren Verständnis erinnerte Eev Overgaauw zunächst an einige bio-graphische Daten in des Dichters ereignisreichem Lebenslauf und charakterisierte einige wesentliche Züge seiner Persönlichkeit. Hauptmann genoß zu seiner Zeit nicht nur ein hohes Ansehen, er war sich seiner Bedeutung auch bewußt. Zu den vielen Ehrungen der verschiedensten Art, die ihm im In-und Ausland zuteil wurden, zählte als Höhepunkt der 1912 verliehene Literaturnobelpreis.
Neben dem künstlerischen Rang beeindrucken Vielseitigkeit und Umfang des Gesamtwerks, das Hauptmann in seinen 83 Lebensjahren schuf. Das spiegelt sich deutlich in seinem Nachlaß wider. Er umfaßt die Manuskripte vieler seiner Werke und zahlreiche Lebensdokumente, unter den letzteren Auszeichnungen und Orden, Medaillen, Urkunden, außerordentlich viele Fotos und 20 Porträtgemälde, Theaterzettel und weiteres Material zur Rezeption, ferner eine Münzsammlung und seine Bibliothek mit 15 000 Bänden, darunter viele mit handschriftlichen Anmerkungen, so in dem Exemplar von Hitlers Mein Kampf. In den großen Häusern, die der Dichter stets bewohnte, konnte er sein umfangreiches Archiv pflegen, bei dessen Ordnung ihm häufig wechselnde Hilfskräfte zur Seite standen. Für die Hauptmann-Forschung sind die im Nachlaß enthaltenen über 100 Notizbücher besonders wertvoll, darunter ein Teil in größerem Format, die ihm auf seinen Schreibtischen zur Hand waren, sowie kleinere, die er unterwegs auf Spaziergängen mit sich führte, um in ihnen Gedanken und Beobachtungen zu notieren. Die Auswertung der Notizbücher stellt besondere Anforderungen. Die etwa 60 000 im Nachlaß überlieferten Briefe sind überwiegend an ihn gerichtet, es gehören aber auch einige Konzepte und Durchschläge von eigenen Briefen dazu. In der Korrespondenz sind außer-ordentlich viele Schriftsteller und Künstler vertreten, genannt seien Thomas Mann und Max Liebermann.
Die SBB sieht ihre Aufgabe natürlich nicht allein in der sorgfältigen Aufbewahrung und möglichen Ergänzung des Nachlasses, sondern auch in der Erschließung durch Inventare und Findbücher. Sie pflegt außerdem zum beiderseitigen Nutzen gute Kontakte zu den Hauptmann-Gedenkstätten in Hiddensee, in Erkner und in Agnetendorf. Sehr dankbar aufgenommen wurde von den Hörern des Abends die Möglichkeit, eine Auswahl interessanter Exponate aus dem Nachlaß zu sehen sowie die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Wir können Eev Overgaauws Auffassung nur zustimmen, daß das Werk Hauptmanns wieder mehr Beachtung verdient, als ihm gegenwärtig zuteil wird.

Renate Gollmitz

Habent sua fata libelli. Ganz besondere Bücherschicksale standen im Mittelpunkt einer Kabinettausstellung der Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) Halle, durch die ihr Kurator und leitender Mitarbeiter der Bibliothek, Dr. Walter Müller, am 27. Juli 2007 die hallischen Pirckheimer sachkundig führte. Ausgangspunkt dieser interessanten Exposition war der er-folgreiche Wiedererwerb einer Reihe seltener und aus der Sicht der Bibliothek besonders wertvoller Bücher, die nach 1945 im Rahmen der sogenannten Kulturgutbergung in die ULB Halle gelangten und die nach 1994 auf Beschluß der Bundesregierung an ihre ehemaligen privaten Besitzer zurückzugeben waren. Rund eine Million Bücher kamen durch die Bodenreform damals in die ULB, und es dauerte viele Jahre, bis dieser Bestand bibliographisch erfaßt und zugänglich gemacht werden konnte. Auch an diesen aufwendigen Prozeß von der Zwischenlagerung bis zur endgültigen Einarbeitung wurde in dieser Ausstellung erinnert. Berühmte Bibliotheken, mitunter auch durch die Plünderungen der Nachkriegszeit schon reduziert, gelangten so nach Halle, darunter die des Ostrauer Gutsherren und Kunsthändlers Hans-Hasso von Veltheim (1885-1956), des Leipziger Bürgermeisters und späteren Besitzers des Rittergutes Ermlitz Heinrich Friedrich Apel (1732-1802), die Bibliothek des Herzoglich-Sächsischen Kammerrates und Gerichtsherrn Georg August von Breitenbauch (1731-1817) aus Bucha bei Naumburg oder die der ehemals in Altjeßnitz ansässigen Adelsfamilie von Ende. Viele dieser Bände sind durch kostbare Exlibris kenntlich gemacht.
Mit dem 1994 durch die Bundesregierung beschlossenen Restitutionsgesetz, das den nach 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone durch die Bodenreform enteigneten Großgrundbesitzern die Rückgabe ihrer beweglichen Güter zusicherte, mußte sich die ULB mit rund sechzig Rückübertragungsanträgen befassen – eine Arbeit, die bis heute noch nicht abgeschlossen ist. Betroffen sind davon insgesamt etwa 80 000 Bände und damit deutlich weniger als zu-nächst angenommen. Abgesehen von der vorangegangenen mühevollen Sichtung von zirka 1,7 Millionen Bänden auf ihre eventuellen Restitutionsansprüche, galt es nun, durch Gespräche und Verhandlungen sowie auf Versteigerungen der ULB die für sie besonders wertvollen und wichtigen Bücher zu erhalten. So konnten bisher etwa 3000 Bände käuflich erworben werden, und weitere 850 Bände erhielt die Bibliothek von Tilo Freiherr von Wilmowsky und von weiteren Alteigentümern geschenkt. Außerdem wurde – zunächst für vier Jahre – die kulturgeschichtlich bedeutsame Bibliothek von Hans-Hasso von Veltheim der ULB als Leihgabe überlassen. Die Glanzstücke dieser Neuerwerbungen, Schenkungen und Leihgaben standen auch im Mittelpunkt der Ausstellung, so bibliophile Ausgaben von Seltenheitswert, regional-geschichtlich wichtige Bände und zahlreiche Werke, die der Sondersammlung zur Literatur der Goethezeit, die nach 1945 angelegt worden ist, wieder zugefügt werden konnten. Doch bei all den erreichten Wiederbeschaffungserfolgen – die finanziellen Mittel der hallischen ULB sind begrenzt und müssen überlegt und gezielt für solche Werke eingesetzt werden, die für ihre Funktion als Landesbibliothek von Sachsen-Anhalt besonders bedeutsam sind sowie für seltene und bibliophil kostbare Werke.
Walter Müller, selbst Mitglied der Pirckheimer-Gesellschaft, gelang es, mit seiner enga-gierten Führung durch die bis Mitte August laufende Ausstellung nicht nur diese besonderen Bücherschicksale anschaulich zu machen, sondern die Zuhörer auch für diese Probleme der hallischen ULB zu interessieren.

Ute Willer

Der 200. Geburtstag von Anton Philipp Reclam war für Leipzigs Bibliophilen Anlaß, an eine besonders bemerkenswerte Epoche in der Geschichte des Reclam-Verlages, der seit seiner Gründung bis zum Jahr 2005 aus Leipzig wirkte, zu erinnern. Diese Epoche ist verbunden mit dem Namen von Hans Marquardt, der 1961 die Leitung des Verlages übernahm und sich neben der Weiterführung und Entwicklung der Universal-Bibliothek besonders der Pflege des schönen und bibliophilen Buches widmete. Erinnert sei nur an die illustrierten Bücher unter dem Reihentitel Das schöne Buch, an die gemeinsam mit der Büchergilde Gutenberg Frankfurt am Main herausgegebenen typographischen Drucke der Gutenberg-Presse, vor allem jedoch an die Ausgaben der Dürer-Presse, allesamt Glanzlichter der Leipziger Buchkunst des 20. Jahrhunderts. – Dr. Hans-Georg Sehrt (Halle/Saale) erinnerte am 4. September 2007 in einem anschaulichen und informativen, mit großem Interesse aufgenommenen Vortrag an die Verlegerpersönlichkeit Marquardts und seine bleibenden Verdienste um die deutsche Buchkultur, die für die Leser der MARGINALIEN hier nicht wiederholt werden müssen. Manche persönliche Erinnerung an Hans Marquardt konnten die Hörer in dem sich anschließenden Gespräch beisteuern, beispielsweise über seine Beiträge zu den Internationalen Buchkunst-Ausstellungen und über seine fördernde Unterstützung der Arbeit der Pirckheimer-Gesellschaft. Dank der Hilfe des Deutschen Buch- und Schriftmuseums waren auch nahezu alle Drucke der Dürer-Presse präsent und wurden ausgiebig betrachtet und bewundert.

H. K.

Zum 7. Künstlerbuch-Markt im Wasserschloß Klaffenbach bei Chemnitz führte die Herbstexkursion des Leipziger Bibliophilen-Abends am 15. September 2007. Zuvor jedoch zeigte eine Stadtrundfahrt in Chemnitz, wie viel sich im letzten Jahrzehnt auch dort verändert hat. Sowohl das relativ geschlossen erhaltene Gründerzeitviertel auf dem Kasberg wie auch das in DDR-Zeiten entstandene, unter Denkmalschutz stehende Zentrum der Stadt sind fast vollständig saniert. Neu hinzugekommen sind – wie überall – Einkaufstempel und Gewerbemärkte. Höhepunkt war der Besuch der Villa Esche, erstes architektonisches Auftragswerk van de Veldes in Deutschland. Der Entwurf umfaßte alle Bereiche von der Fassade über Tape-ten und Teppiche, Fenster und Lampen bis zu Mobiliar, Porzellan und privaten Gebrauchsgegenständen. Auch der großzügig angelegte Garten ist harmonisch in das Gesamtkonzept ein-gebettet. Eine Sonderausstellung aus den Beständen einer privaten Sammlung zeigte weitere Beispiele aus dem kunsthandwerklichen Schaffen van de Veldes.
Auf dem diesjährigen Künstlerbuch-Markt im idyllisch gelegenen Wasserschloß Klaffenbach präsentierten sich bei prächtigem Spätsommerwetter wiederum etwa 30 Graphiker und Pressendrucker; erfreulicherweise waren auch zwei Gymnasien vertreten, die Ergebnisse aus Kunstunterricht und künstlerischen Arbeitsgemeinschaften zeigten. Erstmals hatte eine Jury über die Berechtigung der Anwärter zur Teilnahme entschieden, dennoch war das Qualitätsgefälle beträchtlich. Eröffnet wurde der Markt mit der Verleihung des »Von Taube Preises 2007«. Der Hauptpreis ging an den Nürnberger ICH Verlag Häfner & Häfner (Vgl. MARGINALIEN, H. 179). Hervorgehoben seien weiter die Arbeiten der Sonnenberg-Presse (Bettina Haller, Andrea Lange, Birgit Reichert), die Bücher mit Radierungen von Susanne Theumer und das großartige Künstlerbuch Pablo Neruda: El mar – Das Meer der Münchner Künstlerin Gisela Oberbeck. Heinz Hellmis zeigte seine Edition ZWIEFACH und den mit der Malerin Linde Kauert gestalteten Kalender mit modernen Initialen.

H. K.

Das Gilgamesch-Epos ist als 17. Leipziger Druck des Leipziger Bibliophilen-Abends mit sieben Radierungen und Buchschmuck von Reinhard Minkewitz erschienen. Die Textfassung basiert auf der von Stefan M. Maul vorgelegten Neuausgabe des Epos (München: C. H. Beck, 2005), der auch diese Edition fachkundig begleitet hat. Bibliographische Daten: Satz in der Gilgamesch-Type von Michael Gills, Druck auf Bütten Alt-Mainz 250 g/qm, Format 37 x 27 cm, illustrierter Pappband in Schuber, Auflage 150. Die Exemplare 1 bis 10 erschienen als Vorzugsausgabe in Halbpergament mit durchsignierten Graphiken und einer zusätzlichen beiliegenden signierten Radierung. – In der Reihe Stich-Wort wurde die zweite Folge abgeschlossen mit den Erstdrucken Mein zweiter Mantel von Ingo Schulze (Holzschnitt Hartwig Ebersbach) und Das Bäumel von Thomas Rosenlöcher (Offsetlithographien Gerda Raidt). In der dritten Folge werden in den Jahren 2008 bis 2010 wiederum sechs Hefte vorgelegt; die Subskriptionsausschreibung dazu läuft bereits.

Die Katzenbibliothek, eine Buchsammlung von Simone Ball, zuvor gezeigt in der Regionalbibliothek Neubrandenburg, fand auch in einer Herbstveranstaltung der Neubrandenburger Pirckheimer in der Stadtbibliothek Teterow/Mecklenburg großen Anklang. Sie war etwas besonderes für Buch- und Katzenliebhaber. Zwei lebendige Stubentiger gaben den Anstoß und führten eine junge Frau in eine eigene spannungsgeladene Literaturwelt. Eine thematische Literatursammlung wuchs so über Jahre zu einer sehenswerten Buchschau. Die Ausstellung trug den Titel Alles für die Katz und umfaßte Romane, Krimis, Erzählungen, Lyrik, Märchen, Memoiren, Comics und Bildbände sowie auch Graphiken und Plastiken. Schöne bibliophile Ausgaben von E.T.A. Hoffmanns Lebensansichten des Katers Murr, Gottfried Kellers Spiegel das Kätzchen, Erich Kästners Der gestiefelte Kater, T. S. Eliots Old Possums Katzenbuch (die Textvorlage für das Musical Cats) und so weiter erfreuten das Sammlerauge.
Öffentlichen Erfolg für die Regionalgruppe Neubrandenburg / Neustrelitz brachte auch die Gestaltung regelmäßiger Lesezusammenkünfte, in Neustrelitz im Rahmen des Literarischen Kaminabends mit Cornelia Kestner, in Neubrandenburg im „Literaturcafé im Hochhaus“, gemeinsam durchgeführt mit Partnern wie der Europa-Union und dem Soziokulturellen Bildungszentrum. Lesethemen sind Buch- und Autorenjubiläen des Jahres. Die Veranstaltungen werden auch von Gästen gut besucht.

Holzschneider und Idealist. Ein Frans-Masereel-Abend der Regionalgruppe Rhein-Main-Neckar. Bei ihrem Treffen am 30. August in Hirschberg an der Bergstraße befaßten sich die Pirckheimer der Regionalgruppe Rhein-Main-Neckar mit einer der bedeutendsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, dem Maler und Holzschneider Frans Masereel. Ferdinand Puhe referierte vor interessiertem Zuhörerkreis über den 1889 in Blankenberge geborenen und 1972 in Avignon verstorbenen Flamen. Wie viele seiner künstlerisch tätigen Landsleute hat Masereel die Kunst seiner Zeit geprägt, vor allem in der Technik des Holzschnitts. Seine Darstellungen beruhen einerseits auf der perfekten Beherrschung der Holzschnittechnik und andererseits auf der Nähe zum Menschen, zum Leben der einfachen Menschen, der Arbeiter. Hier drückt der Künstler seine Ideale aus, hier mischt er sich ein, hier wird er „politisch“. Hinzu kommt bei Masereel sein engagierter und immer wieder bewiesener Pazifismus.
Der Referent zeigte anhand vieler Beispiele aus seiner Sammlung sowohl die Vielfalt als auch die Konstanz im künstlerischen Werk Masereels auf. Der Künstler blieb bei aller Expressivität immer dem Gegenständlichen verbunden. Nur so konnte er seine Anklagen, seine Aussagen, seine „Romane in Bildern“ verwirklichen. So konnten sie auch von seinen Protagonisten, den einfachen Leuten, verstanden werden. Und er wollte verstanden werden, denn seine Kunst sollte Botschaften vermitteln, Botschaften gegen Krieg, Unterdrückung und Ausbeutung, für Freiheit und Gerechtigkeit. Rein technisch betrachtet gibt es etwa in der Lebensmitte Masereels die Abkehr vom Linienholzschnitt hin zum Flächenholzschnitt mit einem ausgewogenen Schwarzweißkontrast.
Das Gesamtwerk Masereels gliedert sich in die Gruppen Malerei, kritisch kommentierende Zeichnungen für Zeitungen und Zeitschriften, freie Graphik (meist in Form der Bild-Romane) und Illustrationen. Vor allem während der Zeit seines Exils in der Schweiz im Ersten Weltkrieg schuf Masereel für die Zeitschrift Les Tablettes und die Zeitung La Feuille eindrückliche Zeichnungen über Not und Elend. Dank des Verlegers Kurt Wolff wurden die Romane in Bildern wie Die Sonne, Das Werk, Geschichte ohne Worte in Deutschland weit bekannt. Das immer am Text orientierte Illustrationswerk des Künstlers ist fast unübersichtlich. Der Referent zeigte als Beispiele die Werke Ulenspiegel von Charles de Coster und Medardus von René Arcos. Trefflich schilderte Masereel Land und Leute in seinen Bilderfolgen Meine Heimat, Das Gesicht Hamburgs und Antwerpen. Auch Anton Kippenberg hatte Masereel früh für seinen Insel-Verlag entdeckt. So wurden auch einige Titel in der Insel-Bücherei veröffentlicht und fanden damit weite Verbreitung.

F. P.